Konzeptentwicklung nach dem Palliativ-Care Gedanken
Begleitung der letzten Lebensphase und Trauerbegleitung bei Menschen mit geistiger Behinderung
Das Thema Trauerbegleitung und Begleitung der letzten Lebensphase nimmt sowohl im
stationären als auch im ambulanten Bereich der Behindertenhilfe einen immer größeren
Raum ein. Durch die demographische Entwicklung und die bessere medizinische Versorgung
steigt der Hilfebedarf rasant an. So ist auch die Auseinandersetzung mit den Themen
Alter, Vitalitätsverlust und Abschieden unumgänglich, wenn Senioren/innen eine
adäquate Assistenz erfahren sollen. Menschen mit schweren, komplexen Behinderungen
und akuten und chronischen Erkrankungen stellen vor diesem Hintergrund multiprofessionelle
Teams vor neue Herausforderungen.
Darüber hinaus rückt die Begleitung der Trauer in den Vordergrund. Die
Angehörigen der älter werdenden Bewohner/innen, Kollegen/innen in der Werkstatt
oder andere Bezugspersonen werden schwer krank und sterben. So führt das
Älterwerden dazu, dass immer mehr Abschiede zu bewältigen sind.
Auch im Wohn -und Teilhabegesetz ist diese Entwicklung berücksichtigt. Hier wird
die Anforderung der Möglichkeit und konzeptionellen Verankerung eines würdigen
Sterbens in den Wohneinrichtungen eindeutig formuliert. (§1, Absatz 8 des WTG)
Diese Veränderung bedeutet nicht nur eine Auseinandersetzung mit Inhalten
der Behandlungspflege, sondern auch die Notwendigkeit, eine angemessene innere
Haltung zu entwickeln, um die Begleitung der letzten Lebensphase als selbstverständlich
dazugehörenden Teil der Aufgabe der Alltagsassistenz zu verstehen.
Im Sinne des Palliative-Care- Gedankens (palliativ = lindernd - im Gegensatz
zu kurativ = heilend) gilt es ein ganzheitliches Begleitungskonzept "zur Verbesserung
der Lebensqualität von Betroffenen und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind,
die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, durch Vorbeugen oder Lindern
von Leiden, Einschätzung und Behandlung von Schmerzen, sowie anderen belastenden
Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art" (WHO 2002) auf den
Weg zu bringen.
Gerade zu diesen die Assistenten/innen und Mitarbeiter/innen in ihren Grundwerten
betreffenden Themen sind Standards allein nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es
der Entwicklung einer individuellen Kultur des Abschiednehmens in den Einrichtungen,
die einen gemeinsamen Prozess impliziert, an dem alle Beteiligten wahrhaftig und ohne
hemmende innere Blockaden teilhaben können.
Assistenten/innen und Mitarbeiter/innen sind in existentiellen Krisensituationen
der Menschen mit geistiger Behinderung konfrontiert mit Aspekten der psychosozialen
Begleitung, aber auch mit den besonderen pflegerischen Erfordernissen, rechtlichen
Aspekten und spirituellen Gesichtspunkten. Auch das Wissen um Möglichkeiten der
Vernetzung mit ambulanten oder stationären Hospizen und Palliativdiensten und die
Bereitschaft zur Zusammenarbeit sind vor dem Hintergrund des SAPV (Richtlinie zur
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung) hilfreich und für
die Lebensqualität der Betroffenen sehr bedeutsam.
Die verschiedenen Facetten eines ganzheitlichen Konzeptes der Begleitung
nach dem Leitfaden des Palliativ- Care wird diese Weiterbildung unter
Berücksichtigung des Wohn- und Lebensalltages in Einrichtungen der
Behindertenhilfe praxisnah aufgreifen und mit dem Angebot verschiedener
Schwerpunktthemen aus den Bereichen Trauer- und Sterbebegleitung von Menschen
mit geistiger Behinderung, Recht und Pflege einen nachhaltigen Lern- und
Erfahrungsraum bieten.
Aufbau der Weiterbildung:
Die Entwicklung einer palliativen Grundhaltung ist keine einmalige Entscheidung sondern
prozesshaft zu verstehen. Vor diesem Hintergrund sind die einzelnen Module dieser
Weiterbildung auf einen festgelegten Zeitraum konzipiert.
Die einzelnen Seminarblöcke mit den verschiedenen Themenschwerpunkten werden durch
Inhalte ergänzt, die in Lern- und Reflexionsgruppen selbständig erarbeitet werden.
Zwischen den Seminarblöcken trifft sich eine regionale Gruppe von Teilnehmern/innen,
um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Seminarinhalte zu vertiefen.
Deshalb kann diese Weiterbildung auch nur als Gesamtkurs gebucht werden.
Seminarinhalte:
Einführung in die Grundsätze des Palliativ-Care Gedankens
Praktische Umsetzung in Einrichtungen der Behindertenhilfe
Trauerbegleitung von Menschen mit geistiger Behinderung im Alltag
Begleitung der Angehörigen
Implementierung und Integration von Palliativ-Pflege in Einrichtungen der Eingliederungshilfe
Spirituelle Ausdrucksmöglichkeiten
Gestaltung des Abschiedes und der Bestattung
Teilhabe der Mitbewohner/innen an Trauer- und Abschiedssituationen
Entwicklung einer individuellen Abschiedskultur
Ethische Aspekte
Rechtliche Grundlagen
Multiprofessionelle Teamarbeit und ihre Unterstützung in Krisensituation
Selbstfürsorge der Assistenten/innen
Medizinische und pflegerische Aspekte
Schmerzmanagement
Konzeptarbeit
Zielgruppe:
Mitarbeiter/innen aus den verschiedensten Bereichen der Behindertenhilfe
Dauer:
Bei 3 Seminarblöcken etwa 1 Jahr
(eine andere Aufteilung ist möglich)