Wie Mitarbeiter/innen im Spannungsfeld einer Familie (Bewohner/innen und deren
Angehörige) in besonderen Situationen handlungsfähig bleiben
In der institutionellen Arbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung
nimmt die Kontaktpflege zu Angehörigen einen großen Raum ein.
Innerhalb des Wohngruppenalltages stellt sich die Interaktion mit Angehörigen
von Bewohner/innen häufig als sehr schwierig und konfliktbeladen dar.
Mitarbeiter/innen sehen sich nicht selten hilflos den gleichen Situationen
ausgesetzt, in denen es scheinbar kein Verstehen und keine Annäherung
mehr gibt. Energien werden sinnlos in immer wieder den gleichen Auseinandersetzungen
verbraucht, in denen sich beide Seiten eher gegenseitig hochschaukeln,
anstatt wirklich konstruktive für den Bewohner befriedigende Lösungen
zu finden.
Für Mitarbeiter/innen aktualisiert sich in den verschiedensten Situationen
ihre eigenen Familiengeschichte. Generationskonflikte mit den eigenen
Eltern können hier stellvertretend ausgefochten werden.
Erst vor dem Hintergrund des Wissens um die besonderen Lebens- und Entwicklungsbedingungen
von Familien mit Angehörigen mit geistiger Behinderung kann sich wirklich
Verständnis entwickeln.
Dies bildet die Grundlage, eigene Kommunikationsstile und deren Motivation
reflektierend zu betrachten und evtl. Alternativen zu entwickeln.
Nur gestärkt und sicher in der eigenen Rolle, können sich Mitarbeiter/innen
darauf einlassen, die oft sehr schmerzhaften Prozesse von Ablösung, Selbständigwerden
und Wiederannäherung innerhalb der Familien der Bewohner/innen professionell
zu begleiten. Um zu vermeiden dass sich die Bewohner/innen einem Zerreißprozess
wie in "Der Kaukasische Kreidekreis" von Brecht beschrieben, ausgesetzt
fühlen.
Selbstkritisch beobachtend können Mitarbeiter/innen feststellen, wie schnell
sie sich selber in der Elternrolle wiederfinden, wenn Bewohner/innen ohne
Angehörige selbständig werden wollen, beispielsweise einen Auszug anstreben.
Hier lassen sich Verhaltensweisen und Gefühle ausmachen, die bei den "anderen",
nämlich den Eltern oder Angehörigen aufs schärfste kritisiert und verurteilt
werden, weil aus den Professionellen plötzlich auch "irgendwie Betroffene"
werden.
Dort wo intensive Beziehungen gelebt werden, kann das passieren. Es gilt,
die Gefühle und Verpflichtungen wahr zu nehmen und zu reflektieren, um
handlungsfähig zu bleiben.
Zielgruppe:
Mitarbeiter/innen in Wohneinrichtungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung